Die "vermeidbare Sterblichkeit" der Deutschen
Im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn Österreich und Schweiz wird die Lebenserwartung hierzulande etwas niedriger angesetzt. Regional gesehen fällt hier in Deutschland die sogenannte „vermeidbare Sterblichkeit“ zudem sehr unterschiedlich aus. Je weiter man nach Süden und Osten schaut, desto höher ist die Anzahl solcher Todesfälle, die durch ein schlechtes Gesundheitsverhalten und ein vielleicht ineffektives Gesundheits- und Versorgungssystem hervorgerufen wird.
Durch mehr Maßnahmen zur Vorbeugung und durch eine optimierte Behandlung könnte die Lebenserwartung in diesen Regionen deutlich höher ausfallen, so das Ergebnis einer Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) in Zusammenarbeit mit der Technischen Hochschule Lausanne. Über 100 Regionen in Deutschland sowie im deutschsprachigen Raum Österreichs und der Schweiz wurden diesbezüglich näher unter die Lupe genommen.
In Summe lag die Anzahl der vermeidbaren Todesfälle zwischen den Jahren 2017 und 2019 bei den Frauen in Deutschland bei 13 % und bei den Männern bei 24 %. Schaut man genauer hin, so sind vor allem Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt sowie Ostfriesland, das Ruhrgebiet und Saarland stärker von der vermeidbaren Sterblichkeit betroffen. Das mag unter anderem auf den dort vorherrschenden wirtschaftlichen Strukturwandel zurückzuführen sein, so die Studienautoren. In der Schweiz, in Südtirol sowie in Österreich liegt die Anzahl der vermeidbaren Todesfälle deutlich niedriger. Hier in Deutschland also gäbe es durchaus noch Potenzial, um die Lebenserwartung ebenso zu erhöhen.
Interessanterweise seien in vielen Bereichen des Gesundheitssystems hierzulande die finanziellen Ausgaben im internationalen Vergleich sehr hoch. Dennoch zeigt sich nicht der wünschenswerte Effekt auf die vermeidbaren Todesfälle. Nachholbedarf gäbe es vor allem bei den präventiven Maßnahmen, um beispielsweise den Alkohol- und Nikotinkonsum zu reduzieren. Zusätzlich würden im innereuropäischen Vergleich die Früherkennungsmaßnahmen nicht ausreichend umgesetzt, was in Konsequenz einen schlechteren Behandlungserfolg nach sich zieht.
Mühlichen, M. et al.
Different Health Systems – Different Mortality Outcomes? Regional Disparities in Avoidable Mortality across German-Speaking Europe, 1992–2019.
Social Science & Medicine
7/2023